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Mitte November besuchte eine Gruppe von Hamburgern mit dem Konfuzius Institut Hamburg die Partnerstadt Shanghai. Die Gruppe war aber nicht nur zum Spaß in China: Ein Teil der Männer und Frauen lief beim Shanghai Marathon mit.

Die Hamburger Delegation beim Shanghai Marathon. In der Mitte mit der roten Haspa Marathon Hamburg Jacke ist unser Wolfgang Timm.

Mit auf der Reise waren auch zwei aus unserem Team: Der offizielle Kursvermesser des Haspa Marathons Hamburg, Wolfgang Timm und unsere Projektleiterin Jessica Hardtmann. Was die Ehrendelegation aus Hamburg in Shanghai erlebt hat, schildert Wollfgang “Wolle” Timm in seinem Blog-Beitrag:

Shanghai-Brücke 2017

von Wolfgang Timm, Hamburger Leichtathletikverband

Teilnehmer der Reise:

Oliver Mischa, Dr. Utz Meyer-Reim, Tobias Mehnert, Nils Bunge, Christine Schröder, Bernd Maracke, Dr. Hans-Ulrich Picker, Henrik Rosemeier, Nicole Gebauer, Matthias Gebauer, Olaf Schröder, Dr. Carsten Krause (Konfuzius-Institut), Jessica Hardtmann (Haspa Marathon Hamburg).

Die Städtepartnerschaft mit Shanghai, an der wir mit dem Konfuzius-Institut seit geraumer Zeit arbeiten, führte uns vom 9. November 2017 bis zum 13. November in die 23-Millionen-Metropole Chinas. Kurzfristig wurden ich und Jessica gebeten, die Gruppe aus Ehrenläufern beim Shanghai-Marathon zu begleiten und die Hansestadt beim dortigen Marathon zu vertreten. Im Schweinsgalopp wurden die notwendigen Unterlagen, Visum, Versicherungen etc. besorgt. Bis zum Reiseantritt bemühten wir die gängigen Internetseiten, um Informationen über diese Stadt, eine der größten in China, einigermaßen zu erfassen. Vor Ort trafen wir – wie so oft – aber auf völlig andere Umstände.

Donnerstag:

Der Abflug am Flughafen Fuhlsbüttel sollte um 14 Uhr stattfinden. Die Reiseteilnehmer trudelten zügig ein. Nach dem Einchecken stimmte uns Carsten Krause vom Konfuzius Institut auf das anstehende Abenteuer ein und stattete uns mit der notwendigen „Kleidung“ aus: Einem eigens für den Shanghai Marathon kreierten Funktionsshirt.

Freitag:

Meine Vorstellung von einer vom Verkehr verstopften Metropole wurde in das Gegenteil gedreht. Tief hängende Wolken, Hochhäuser im Dunst, doch der Smog war zumindest nicht zu riechen. Unsere Fahrt vom Flughafen in die Stadt dauerte rund acht Minuten. Der Transrapid beförderte uns mit 300 Stundenkilometern! Bei der weiteren Taxifahrt zum Hotel wurden wir wohl etwas übers Ohr gehauen, aber wir nahmen das mit Humor. Derartige Situationen werden mit Sicherheit auch bei uns praktiziert. Die Teilnahme an der Pressekonferenz im Vorfeld des Marathons haben wir leider verpasst. Doch der Einladung zum VIP-Empfang konnten wir folgen – Dank der Marathon-Organisatoren vor Ort. Gerade angekommen, wurde Jessica bereits auf die Bühne gebeten um den Hamburg Marathon zu repräsentieren.

Wir bedankten uns für die Einladung und genossen noch den Abend. Jessica überreichte den Organisatoren ein Shirt von der „Marathonbrücke“ und einige Mitbringsel aus Hamburg. Der Abend klang mit einem Konzert im Blues Club aus, der überwiegend von „Langnasen“ besucht wurde. Big Walkers Lunge malträtiert eine Mundharmonika bis zur Bewusstlosigkeit und die Band gab ihr Bestes. Zurück im Hotel ging es nach einem Bier für 70 Yuan ins Bett.

Samstag:

Wir trafen uns mit den Hamburger Jungs und Mädels auf der Marathonmesse. Ein kurzer Rundgang über die Messe führte uns dann an den Marathon Hamburg Werbestand, dieser war uns vom Veranstalter zur Verfügung gestellt worden. Die Messe ähnelte den gängigen Messen bei Laufveranstaltungen. Deutlich anders war der immense Einsatz von Licht.

Jessica und Wolfgang unterstützen die Läufer*innen an der Strecke.

Jessica und Wolfgang unterstützen die Läufer*innen an der Strecke.

Nach der Messe ging es in die Innenstadt, Hochhäuser gucken bei Tageslicht. Ein kleiner Imbiss in einem typischen Lokal war die erste Energie-Aufnahme des Tages. Der Shanghai Tower (Höhe 632 m) sah aus wie ein Flaschenöffner. Die Architektur war sehr unterschiedlich und sehr filigran. Am Einlass zum Gebäude angekommen, benötigen wir ca. eine Stunde bis wir es bis nach oben geschafft hatten. Im Foyer zeigte eine digitale Bildwand im Zeitraffer die städtebauliche Entwicklung bis 2016. Der Fahrstuhl fuhr uns mit 18 m pro Sekunde nach oben, das merkte man aber nicht . Oben angekommen, wurde es schnell dunkel und Shanghai sah aus wie alle Großstädte mit Wolkenkratzern. Beim Abendessen kam die Müdigkeit.

Sonntag:

05:30 Uhr: Der Wecker klingelte. Um 6:00 Uhr ging’s los mit der Metro zum Start. Wir wollten die Jungs und Mädels anfeuern, so oft wie möglich Support organisieren und den Shanghai Marathon als Zuschauer genießen. Aber auch etwas lernen und mitnehmen.

Die Teilnehmer*innen des Shanghai Marathons in den typisch roten Shirts.

Die Teilnehmer*innen des Shanghai Marathons in den typisch roten Shirts.

Am Start bewegte sich erstmal nichts. Von der freudigen Erregung, die wir von unseren deutschen Veranstaltungen kennen, war wenig zu sehen. Dafür aber viele rote Trikots. Der Veranstalter hat entweder gut verkauft, oder es gab die Shirts dazu, dachte ich. Erstes Unbehagen stellte sich ein: “Werden wir unsere Jungs und Mädels überhaupt finden?” Wir beobachtetetn den Start und wanderten langsam mit, an einem Regierungsgebäude war Schluss, die Militärs ließen uns nicht passieren, da halfen auch unsere Veranstalter-Ausweise nichts.

Also liefen wir zurück und versuchten, irgendwie Richtung Kilometer 2 zu kommen. Dort müsste es besser sein, dachten Jessica und ich. Die Blöcke zogen sich auseinander und im Wust der wogenden Leiber gelang es dann doch, unsere “Shanghai Heros” zu erkennen. Weiß war die Farbe des Tages, schnell erkennbar und dann sogar mit bekannten Inhalten versehen. Fast alle unsere Läufer und Läuferinnen konnten wir so im Feld erkennen. Mit “Hummel Hummel!” haben wir uns hörbar gemacht. Die Chinesen feierten ihre Läufer nicht.

Nachdem wir einige Zeit dem Treiben zugeschaut haben, machten wir uns dann zu Km 25 auf. Dort angekommen, sahen wir Nicole, die enttäuscht ausgestiegen ist. Wir leideten mit ihr, als wir sie trafen. Danach begaben wir uns zu Km 40 um noch ein wenig Support zu leisten. Hier, wo es dann kein zurück oder aufgeben mehr geben kann, harrten wir weiter aus und betrachten das Läuferfeld. Scannten alles, was weiß ist – und das mit Erfolg.

Die Marathonis auf dem Weg ins Ziel beim Shanghai Marathon.

Die Marathonis auf dem Weg ins Ziel beim Shanghai Marathon.

Anschließend wanderten wir mit den Läufern Richtung Ziel. Die Szenen auf dem Weg ins Ziel waren altbekannt. Die Bewegungsformen unterschiedlich: Entspanntes Traben, kraftloses Schleppen, euphorisches Voranstürmen, wohl mit letzten Kräften. Alle mit hoffnungsvollen Blicken, es ist gleich geschafft – obwohl das Stadion, in dem der Zieleinlauf statt fand, erst sehr spät ins Blickfeld rückte.

Um ins Stadion zu kommen, musste man hinein durchs Marathontor. Das Stadion selbst war leer, zumindest auf den Tribünen. Eine dreiviertel Runde im Stadion und man hatte es geschafft.

Die Szenen im Ziel sind altbekannt - und wie bei uns.

Die Szenen im Ziel sind altbekannt – und wie bei uns.

Es war sehr schön, unter den vielen Teilnehmern wieder mit unseren Läufern aus Hamburg zusammen zu treffen. Als alter Marathoni konnte ich mich in die Gefühlswelt der finishenden Teilnehmer hineinversetzen. Großartig!

Zugleich stimmte es mich auch traurig, weil sich damit das Ende unserer Reise anbahnte. So machten wir uns langsam auf dem Weg zum Ausgang, vorbei an vielen glücklichen Gesichtern, voller Stolz unter dem strahlend blauen Himmel. Gegenseitig erzählten sie sich ihre Geschichte vom Lauf.  Sport verbindet, über Kulturen hinweg. Eine schöne Erfahrung, die wir aus Shanghai mitnehmen.

Der Schmerz geht, die Medaille bleibt.

Der Schmerz geht, die Medaille bleibt.

Unser letztes Bild soll hier stellvertretend für alle Teilnehmer gemacht sein. Alle Probleme sind vergessen, diese Medaille ist das wertvollste Stück Metall der Welt… jedenfalls bis zum nächsten Mal.

Herzlichen Glückwunsch an unser Team, für eure Leistung, für die angenehme Reisebegleitung, für ein harmonisches Wochenende und die unvergesslichen Eindrücke. Ich nehme diese Erfahrung dankbar mit nach Hause. Da wir uns sicherlich noch öfter über den Weg laufen, wird sie auch nicht so schnell verblassen.